BenBlog Clones are people two

22. November, 2005

Einfache Lösungen für komplexe Probleme

Filed under: Politik,Was das Leben so bringt — Ben @ 13:21

Sie möchten gerne moderne Hippies sein, ahnungs- und orientierungslos steht ihnen der eigene Wohlstand bis über beide Ohren, in einem Land voller Überfluss. Sie suchen nach problematischen Errungenschaften unserer Gesellschaft, die sie glauben zu verstehen und für die sie glauben einfache Lösungen zu haben. Und so sitzen sie da jetzt wieder da, blockieren Straßen und Eisenbahntrassen und kosten dem Deutschen Staat auch dieses Jahr wieder 50 Millionen Euro. Sie nennen sich Atomkraftgegner.

Und man kann ihnen sicherlich Naivität und Dummheit vorwerfen, doch irgendwann erkennt man, das schlimmste ist wohl, dass irgendwie auch unsere Gesellschaft schuld ist. Wir haben es versäumt, unsere Mitmenschen rechtzeitig zu belehren.

Denn diese Menschen glauben tatsächlich, dass Atomkraft dreckig und gefährlich ist. Sie glauben tatsächlich, dass es Alternativen gibt, um den Stromhunger unserer Zeit zu befriedigen. Sie wollen Solarzellen aufbauen, in einem Land nicht mehr Sonnentage sieht, als das so verregnete England. Oder sie müssten im maximalen Abstand von 30 Metern in ganz Deutschland Windräder aufstellen um den derzeitigen Bedarf zu decken. Es gibt bei dem derzeitigen Verbrauch von Strom und der derzeitigen Kapazitäten verschiedener Methoden keine realistische Alternative zur Stromerzeugung. In 50 Jahren wird die kalte Fusion einen neuen Weg ebnen, doch bis dahin, sind es halt noch 50 Jahre.

Es gibt nirgends auf der Welt so viele Sicherheitsvorschriften für Atomkraftwerke wie in Deutschland. Diese werden akribisch überwacht. Diese Kernspaltungseinrichtungen werden von Deutschen Ingenieuren gebaut und betrieben. Gebaut mit Werkstoffen die feinsten DIN-Normen entsprechen. Betrieben mit sprichwörtlicher deutscher Zuverlässigkeit. Es sind die sichersten Einrichtungen die man finden kann. Aber anstatt nach Wegen zu fahnden, die gefährlicheren Ostblock-Meiler abzubauen, bitten sie den deutschen Steuerzahler zur Kasse, weil er die sichersten Atomkraftwerke der Welt baut.

Greenpeace ist Feind aller Umweltverschmutzer und in vielen Situationen ein medienwirksamer Kämpfer für unsere Erde. Doch in diesem Zusammenhang haben sie alles Maß verloren. Heute bin ich mehr denn je, für sauberen deutschen Atomstrom.

2. November, 2005

Machtlos

Filed under: Was das Leben so bringt — Ben @ 22:21

Der RE35375 von Marburg nach Frankfurt. Ein Mann, er sieht aus wie Ende 30, ist aber sicherlich nicht viel älter als Ende 20. Ein kleiner Bierbauch ist unter sportlicher, leicht dreckiger Jacke nicht zu übersehen. Ausgeblichene hellblaue Jeans in Karottenschnitt, die seit 10 Jahren keiner mehr trägt, der sich anderes leisten kann. Ware aus zweiter Hand. Er schwankt die Treppe des neuen Doppeldeckerregionalexpresses hinab, setzt sich hin. Sein Kopf kippt nach rechts gegen das Fenster, sofort beginnt er zu schnarchen.

Zwei Minuten vergehen. Er wacht unvermittelt auf, blickt um sich, die Haut teigig, verschwitzt. Er hat einen deutlichen Fettabdruck auf dem Fenster hinterlassen. Schnell steht er auf, geht drei Schritte in Richtung Toilette, fällt leicht gegen einen der Sessel. Er hält inne, dreht sich um und geht zurück zu seinem Platz. Er blickt um sich – unsere Blicke treffen uns – er blickt verschämt zum Boden. Nach einer Sekunde des Zögerns holt er eine fast leere 1 Liter Flasche Feigling aus der sportlichen Jacke hervor, zittert beim aufdrehen des süßen Pflaumenschnaps und nimmt einen großen Schluck.

Da taucht am Ende des Wagons auch schon die Zugbegleiterin auf, eine resolute junge Frau mit drei Streifen auf der Jacke. Deutlich kündigt sie für den Wagon an: “Schönen Guten Tag, Fahrscheine bitte!”. Alle Fahrgäste suchen leicht eingeschüchtert nach ihren Fahrscheinen, während der Mann in der blauen Jacke aufsteht und sich von ihr entfernt. Dies entgeht der geschulten Frau natürlich nicht, doch genau so wenig lässt sie sich beeindrucken. Auch meine Fahrtberechtigung wird kontrolliert, sie zieht vorbei. Es dauert keine drei Minuten da läuft erst er zurück an mir vorbei, dann sie, dicht auf seinen Fersen. Am Ende des Wagons, wo sie ihren ersten Auftritt hatte, gibt er seine Flucht auf.

Routiniert und bestimmt zückt sie Block und fängt an seine Personalien zu erfragen. Ausweis hat er nicht dabei, Geld sowieso nicht. “Ist sicherlich nicht Dein ersten mal!?!” sagt sie, für den ganzen Wagon hörbar. Er widerspricht nicht. “Das wird eine Anzeige geben, ich werde meine Kollegen in Gießen anweisen dich zu beaufsichtigen bis die Polizei Deine Personalien überprüfen konnte.” Er nickt, es ist ihm deutlich unangenehm, auch dass es alle mitkriegen. Als auch der letze Fahrgast mitgekriegt hat was los ist und der Mann in der blauen Jacke mit ungezählten verächtlichen Blicken bestraft wird, fällt aller Stolz von ihm ab und zieht, als ob ihm eine Last von den Schultern genommen worden ist, die Flasche mit dem süßem Betäubungsmittel aus seiner Jacke und gießt einen weiteren großen Schluck in seine Kehle hinein. Stillschweigend füllt sie Formulare aus, während er ihr zusieht. Stille.

In Gießen angekommen wird er unsanft mit resoluter Hand vom Zug geschoben. Es sind keine Kollegen da, er läuft schwankend in Richtung Gleisunterführung, sie ist Machtlos. Genau wie er.

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